Baskisch

Struktur

Eine Besonderheit des Baskischen, die es unter allen europäischen Sprachen (auch den nicht-indogermanischen wie Estnisch oder Ungarisch) auszeichnet, ist die sogenannte »ergative Kasusmarkierung«. Was damit gemeint ist, wird am besten an einem Beispiel deutlich.

Betrachten wir zunächst einen einfachen intransitiven Satz:

(1) Kepa badator. 'Peter kommt.'

Mit "Ergativ" wird ein Kasus (Fall) bezeichnet, in dem das tätige Subjekt eines transitiven Satzes steht; die Kasusendung lautet -k:

(2) Kepak ogia badakarkie. 'Peter bringt ihnen Brot (ogia).'

Unmarkiert sind also das Subjekt des intransitiven Satzes (Kepa im ersten Beispiel) und das Objekt des transitiven Satzes (ogia im zweiten Beispiel), während das Subjekt hier im Ergativ (Kepak) steht. Der unmarkierte Kasus wird Absolutiv genannt. In Nominativ-Akkusativ-Sprachen hingegen, wie sie uns geläufig sind, bekommt das Objekt des transitiven Satzes eine besondere Markierung, nämlich den Akkusativ, während das Subjekt des transitiven wie des intransitiven Satzes gleichermaßen im Nominativ steht. Das folgende Schema zeigt nochmal den Unterschied:

Nominativ-Akkusativ-System

transitiver Satz        Subjekt     Objekt
                        Nominativ   Akkusativ

intransitiver Satz      Subjekt
                        Nominativ


Ergativ-System

transitiver Satz        Subjekt     Objekt
                        Ergativ     Absolutiv

intransitiver Satz                  Subjekt
                                    Absolutiv

Ein weitere Besonderheit ist die sogenannte Gruppenflexion. Nicht einzelne Wörter erhalten Endungen, sondern die Endung tritt an das Ende einer Gruppe von Wörtern. Wenn wir also in Satz (2) Kepa durch "ein alter Mann" ersetzen, tritt die Ergativendung an das letzte Wort dieser Gruppe, nämlich an den unbestimmten Artikel bat, das Adjektiv zahar ('alt') und das Substantiv gizon ('Mann') bleiben unmarkiert. Unser Beispielsatz lautet also: (3) Gizon zahar batek ogia badakarkie. 'Ein alter Mann bringt ihnen Brot.' Schaut man sich die Beispiele (2) und (3) genauer an, stellt man fest, daß in den deutschen Übersetzungen ein Wort mehr auftaucht als in den jeweiligen baskischen Sätzen, nämlich das Pronomen 'ihnen'. Es steckt in der Verbalform badakarkie. Die Verbalformen können äußerst komplex sein und bis zu vier Personalmarkierungen enthalten. So besteht der folgende Satz nur aus einer Verbalform (zugegebenermaßen etwas komplex):

(4) Badakarzkiedak. 'Ich bringe sie ihnen.'

In der Tat enthält diese Form neben 'ich', 'sie', 'ihnen' ein viertes Pronomen, das die Übersetzung nicht ausdrücken kann, nämlich eins, das kennzeichnet, wem dieser Satz gesagt wird, also ein Pronomen, das den Gesprächspartner bezeichnet, in diesem Fall eine dem Sprecher eng vertraute männliche Person. Dieses Phänomen wird als 'Allokutiv' bezeichnet und ist die einzige Stelle, an der in der baskischen Grammatik zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht unterschieden wird. Die Grammatik ist ansonsten geschlechtsneutral. Manche mögen hierin einen Hinweis darauf sehen, daß die baskische Gesellschaft ursprünglich nicht patriarchalisch organisiert war. Tatsächlich erbt im Baskenland traditionsgemäß immer das erste Kind, egal ob männlich oder weiblich, den Hof, der nicht geteilt wird.

Wenn man an die möglichen Kombinationen von bis zu vier Personalmarkierungen im Verb denkt, versteht man leicht, warum selbst der Teufel die baskischen Verbalformen nicht lernen konnte, wie die Legende berichtet.

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m.h., 7.6.95, 28.7.95, 13.9.99, 7.8.01, 17.10.2002, Kommentare?