Die baskische Grammatik bietet in all ihren Bereichen viele Merkwürdigkeiten, auf die ich hier nicht im einzelnen eingehen kann, und auch das Lexikon wartet mit Phänomen auf, die dem Indogermanen mehr als fremd sind (z.B. in der Verwandtschaftsterminologie oder bei den Farbbezeichnungen). Angesichts dieser Besonderheiten drängt sich die Frage nach der Herkunft der Basken und nach ihrer verwandtschaftlichen Beziehung mit anderen Sprachgemeinschaften auf. Der obenbeschriebene Ergativ und die Komplexität der Verbalformen ließen zahlreiche Gelehrte an eine Verwandtschaft mit dem Georgischen denken, das ähnliche Charakteristika aufweist. Doch sind mittlerweile zahlreiche untereinander unverwandte Sprachen beschrieben, die ebenfalls ergative Kasusmarkierung und komplexe Verbalformen aufweisen. Für den Nachweis von Sprachverwandtschaft ist es nötig, möglichst viele systematische Übereinstimmungen aus verschiedenen Bereichen der Grammatik und des Lexikons zu finden. Der Mangel solcher systematischer Übereinstimmungen macht auch geographisch plausiblere Hypothesen zweifelhaft (Verwandtschaft mit dem Iberischen, mit dem Berber usw.).
Hinzukommt, daß auch die schriftliche Überlieferung nicht weit zurückreicht, so daß wir nicht wissen, wie das Baskische der Antike, geschweige denn das "Urbaskische" aussah: Die ersten zusammenhängenden Texte gehen auf das 15. Jahrhundert zurück. 1545 erscheint dann das erste gedruckte baskische Buch, Bernard (d') Etxepares Linguae Vasconum Primitiae. Seither hat die literarische Produktion natürlich enorm zugenommen. Die Zahl der Veröffentlichungen auf Baskisch - Sachtexte, Zeitschriften, offizielle Texte eingeschlossen - hat ein schier unübersehbares Ausmaß angenommen. Neben mehreren wöchentlich erscheinenden Zeitungen, gibt es auch eine Tageszeitung, Euskaldunon Egunkaria, die ausschließlich auf Baskisch redigiert ist. Zahlreiche Rundfunksender und ein baskisches Fernsehprogramm erfüllen den Äther. An der Universität des Baskenlandes wird - wenn auch nicht ausschließlich - auf Baskisch gelehrt.
Um diese Dinge zu ermöglichen, mußte auf der Basis der verschiedenen Dialekte (siehe Karte) eine einheitliche Literatur- oder Standardsprache geschaffen werden, das Euskara batua ('geeintes Baskisch'). Dieser Aufgabe widmete sich seit dem vorigen Jahrhundert die baskische Akademie (Euskaltzaindia, wörtlich: 'Pflegestätte des Baskischen'). Angesichts der zahlreichen Medien, die nun Träger der Standardsprache sind, hat die anfänglich sehr wichtige Akademie die Führung in der Sprachpflege eingebüßt. Im Gegensatz zu den Akademien vieler anderer Sprachen nimmt sie jedoch mit der Organisation wissenschaftlicher Kolloquien, eines Sprachatlasses, eines Wörterbuchs und anderer Projekte weiterhin wichtige Aufgaben war, die durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern getragen werden.
Nach der Periode sprachlicher Diskriminierung und Unterdrückung unter der Francodiktatur hat das Baskische in Spanien wieder eine Dynamik entwickelt, die sogar dazu führt, daß die Zahl der Baskischsprecher wieder steigt, ein Phänomen, das neuerdings in der Sprachwissenschaft als "reversiver Sprachwechsel" bezeichnet wird. Obwohl man ihm auch im französischen Baskenland begegnet, kann er hier die Rückläufigkeit des Baskischen nicht aufwiegen. Die derzeitige Situation kann also nur zu begrenztem Optimismus Anlaß geben. Das Baskische ist und bleibt eine bedrohte Sprache.
zurück zum Index oder weiter (Verbform) oder einen Schritt zurück
m.h., 7.6.95, 18.7.95, 13.9.99, 7.8.01, 17.9.2002 Kommentare?